Dëse Artikel gouf an engem Artikel vum Konterbont den 28. Mee 2019 publizéiert:
Künstliche Intelligenz: Die Regierung im Rausch des Fortschrittes
Am 24. Mai präsentierten die Minister Etienne Schneider und Xavier Bettel ihre strategische Vision zur künstlichen Intelligenz (KI). In vorgestellten Strategiepapier werden die Vorzüge der künstlichen Intelligenz in aller Breite dargestellt: Leistungsstark, vollständig unter menschlicher Kontrolle und strotzend vor Potential sollen die neusten Technologien sein.
Wirklich neu muss ein Computer dabei gar nicht sein, um für die Minister als künstlich intelligentes System zu gelten. Zur Kategorie der KI gehören laut der Definition des Regierungsdokumentes nämlich alle Maschinen, die menschliches Verhalten und in gewissem Maße die menschliche Intelligenz imitierenkönnen. Entsprechend werden hier also nicht nur neuere Maschinen mit Algorithmen zum maschinellen lernen, sondern auch bspw. 30 Jahre alte Schachprogramme unter ein und derselben Definition geführt.
Dabei ist es tatsächlich ein sehr großer Unterschied, ob eine Maschine nur genau jene Berechnungen ausführt, für die sie eingangs programmiert worden ist, oder ob sie darüber „lernen“ kann. Da die Nachvollziehbarkeit der von den Maschinen getroffenen Entscheidungen in direktem Zusammenhang mit der Kenntnis der Berechnungen des Computers steht, ergeben sich im Hinblick auf lernende Maschinen nämlich einige neue Herausforderungen.
Bei sogenannten neuronalen Netzwerken ist es bspw. kaum möglich nachzuvollziehen, wie die Maschinen zu bestimmten Entscheidungen kommen. In solchen Fällen muss mit Resultaten gearbeitet werden, die nicht mehr von Menschen gegengeprüft werden können und zugleich nicht mehr das Resultat der ursprünglichen menschlichen Programmierung sind. Das bringt eine ganze Menge Fragen bezüglich der Verantwortlichkeit mit sich und stellt ganz allgemein auch die Verwendungsmöglichkeiten der KI in Frage: Kann ein Informatiker verantwortlich sein für die Fehlentscheidungen einer Maschine, die er ursprünglich zwar programmiert hat, deren Entscheidungen er zum Zeitpunkt des Fehlers aber nicht mehr überschauen konnte? Und inwiefern können wir es überhaupt verantworten Entscheidungen an Maschinen abzutreten, wenn diese Entscheidungen durchaus unbemerkt fehlerhaft sein können?
Das Strategiepapier der Regierung gibt seinen Lesern das Gefühl nur noch einen kleinen Schritt vor einer wundervollen bevorstehenden technologischen Revolution zu stehen. Sprache und Design des Dokumentes sind fortschrittlich und modern: es ist die Rede von Innovation, von Forschung und Entwicklung von regionalen Clustern und von öffentlich-piraten Partnerschaften. Ganz so einfach, wie das Dokument einen glauben machen will, ist das Vorhaben der Minister aber leider nicht. Nicht nur die Fragen der Verantwortlichkeit und der Validität der Berechnungen, sondern auch die tendenziell risikoaverse Mentalität der luxemburgischen Einwohner wird für die Regierung noch zu einer großen Herausforderung bei der Umsetzung ihres Projektes werden. Hohe staatliche Investitionen werden nicht ausreichen, um aus Luxemburg einen Vorreiter der KI-Technologie zu machen, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen.
Wenn das ministerielle Unterfangen gelingen soll, muss die Regierung aufhören, sich vom schönen Schein des Fortschrittes blenden zu lassen. Luxemburg ist (noch) nicht Silicon-Valley. Nur Ausgaben in Millionenhöhe und schöne Worte werden daran nichts ändern.