Dësen Text gouf den 26.11 am Lëtzebuerger Land verëffentlecht. Auteur war den Starsky Flor, Spiercher vun de Piraten.
Lichterketten, Weihnachtsbäume und ein Hauch von Zimt – während bei uns die Vorbereitungen auf Weihnachten auf Hochtouren laufen, gibt es tausende Menschen in Europa, die täglich in der Kälte um ihr Überleben kämpfen und nicht wissen, wo sie am Heiligabend sein werden. Nur eines wissen sie: an der Grenze zu Polen in Weißrussland wollen sie Ende Dezember nicht mehr ausharren.
Die Hoffnung auf ein Leben in Europa schwindet für die Betroffenen in Belarus allerdings mit jedem Tag.Mittlerweile sind 430 Personen per Flugzeug zurück in den Irak geflogen worden. Ihr Traum, ein neues Leben zu beginnen, ist geplatzt. Was sie zurück im Heimatland erwarten wird? Wir wissen es nicht.
Wohin die Reise für die verbleibenden Gestrandeten gehen soll, scheint auch für die EU nicht klar zu sein. “Verhandlungen mit dem Lukaschenko-Regime kommen nicht in Frage”, heißt es aus der EU-Kommission. Stattdessen werden neue Sanktionen ausgesprochen und es wird Druck auf die Länder gemacht, die die Flugreisen nach Belarus überhaupt ermöglichen. Einen Plan für die Menschen, die aktuell vor Ort ohne Übernachtungsmöglichkeiten und ohne Verpflegung mitten im Winter an der Grenze durchhalten, gibt es bisher aber nicht. Polen und Deutschland lehnen eine Einreise ab.
15’000 schwer bewaffnete polnische Sicherheitskräfte wurden an der Grenze zu Belarus postiert. Sollten Menschen versuchen, ihrer aussichtslosen Situation in Richtung Polen zu entfliehen, stehen Sicherheitsleute mit Tränengas bereit, die das Gas unter Hochdruck in die Menge auf der anderen Seite des Zaunes fließen lassen können. Gleichzeitig werden die Geflüchteten mit Gewalt von belarussischen Soldaten daran gehindert wieder ins Landesinnere zurückzukehren. Sie können weder nach vorn noch zurück.
Hilfsorganisationen haben derweil nur einen sehr geringen Zutritt zum Areal. Sie versuchen, den Grenzbeamten aus dem Weg zu gehen und sich heimlich durch die Wälder zu bewegen. Gelingt dies nicht, werden ihre Autofenster eingeschlagen und es drohen Gerichtsverfahren, sollten sie auch nur einem einzigen Menschen dabei geholfen haben, in die EU zu gelangen. Wie die Tagesschau berichtete, wurden einige Geflüchtete, die kurz vor dem Erfrieren standen und von Helfern gefunden wurden, zwar in polnischen Krankenhäusern versorgt, anschließend aber sofort zurück nach Belarus gebracht. Diese Zurückweisungen gesteht Polen mittlerweile sogar offiziell ein. Konsequenzen für die Tatsache, dass hier tagtäglich die Genfer Konvention mit Füssen getreten wird, gibt es aber nicht.
Die EU scheint auf Zeit zu spielen. Sie hat den Hilfsorganisationen vor Ort 700’000€ zugesichert, um die Menschen mit Essen und Decken zu versorgen, wird aber nicht konkreter und hofft scheinbar, dass es zeitnah weiteren Geflüchteten möglich sein wird, zurück in den Irak, den Iran oder nach Syrien zu fliegen – auch wenn das bedeutet, dass diesen Menschen ihr Recht, einen Asylantrag zu stellen, verwehrt blieb.
Solche Zustände darf die EU nicht hinnehmen. Diese Menschen haben Rechte und brauchen Hilfe. Ja, die Sanktionen der EU scheinen erste Früchte zu tragen: die Zahl von Menschen, die unter falschen Versprechungen nach Belarus geflogen werden, nimmt ab und Belarus sucht den Dialog. Aber diese Sanktionen reichen nicht. Wenn man vom letzten Diktator Europas nicht erwarten kann, Herz und Verstand zu zeigen, ist es an der EU, die eigenen Werte hochzuhalten. Jeder hat das Recht, einen Asylantrag zu stellen – und niemand hat das Recht jemanden daran zu hindern.